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Channel: Deutscher Freiheitskampf
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Erlebnisberichte – Überlebende des Luftangriffes vom 16. Januar 1945 in Magdeburg erinnern sich

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Herta Skala, Joh.-Göderitz-Straße 28

Ich wohnte am 16. Januar 1945 bei meiner Mutter in der Alten Neustadt, Schifferstrasse 24. Wir hatten schon viele Luftangriffe erlebt, doch dieser war der schlimmste!… Wir flüchteten gegen 21 Uhr mit unseren Habseligkeiten in den Luftschutzkeller. Dann fielen die Bomben Schlag auf Schlag. Eine Sprengbombe fiel auf das Haus Nr. 23, uns gegenüber. Die enorme Druckwelle riss von unserem Kellerfenster die Eisenplatte auf, ein Trümmerstück flog herein und verwundete eine Hausbewohnerin im Gesicht. Aus Angst warfen wir uns alle auf den Boden… Als der Bombenabwurf etwas nachließ, erkundete unser Luftschutzwart oben die Lage. Überall brannte es, auch auf unser Haus waren Brandbomben gefallen. Die Brände in den Wohnungen wurden durch herumfliegende brennende Lumpen, die vom Altstoffhandel in der Rogätzer Straße herübergeflogen, noch begünstig. Die Strom- und Wasserversorgung war ausgefallen. Zum Glück waren im Haus drei Badewannen mit Wasser gefüllt, wir bildeten eine Eimerkette und konnten die Brände löschen. Kleinere Möbelteile haben wir brennend aus den Fenstern geworfen. Türen und Fester waren durch den Luftdruck hinweggerissen, es schneite in die Zimmer herein… Spät in der Nacht legten wir uns zum Schlafen hin, doch wir konnten nicht einschlafen, wir hatten alle nur Feuer vor den Augen. Am anderen Morgen hat dann ein Hausbewohner aus einem Feuerlöschteich das schmutzige Wasser geholt und für uns alle auf einem Kanonenofen Kaffee gekocht….

Gisela Wernicke, Breiter Weg 124

16. Januar 1945 – diesen Tag kann ich nicht mehr aus meinem Gedächtnis streichen. Ich war damals 16 Jahre alt und trotz des Kriegsgeschehens noch voller Erwartung und Lebensmut… An diesem Abend war ich allein zu Haus, meine Mutter versah im Lichtspielhaus „Panorama“ am Kaiser-Wilhelm-Platz ihren Dienst als Platzanweiserin. Plötzlich hörte ich auf der Strasse meine Freundin rufen: „Gisela, komm schnell in den Bunker, es gibt gleich Fliegeralarm!“ Kurz danach hörte ich Motorengebrumm der Flugzeuge, es war ein unheimliches Geräusch… In aller Eile zog ich mich an und verließ unser Haus Fasslochberg Nr.11. Als ich auf die Straße trat, war alles finster, keine Menschenseele war zu sehen, in der Ferne das Brummen der Flugzeugmotoren. Ich rannte voller Angst durch das Alte Fischerufer, durch das Knochenhauerufer, um den Elbbunker zu erreichen. Noch hatten die Sirenen keinen Alarm ausgelöst… Als ich kurz vor dem Johannisberg war, wurde es auf einmal ganz hell über Magdeburg. Es waren die sogenannten Christbäume, die die Stadt in ein fahles Licht tauchten. Gleich danach die ersten Detonationen der einschlagenden Bomben hinter mir. Ich konnte vor Angst nicht mehr laufen, der Angstschweiß lief mir von der Stirn, ich dachte jetzt ist mein Leben zu Ende… Es war ein Fauchen und Singen in der Luft, man kann es einfach nicht beschreiben. Ich nahm meine letzte Kraft zusammen und rannte über den Johannisberg, dann flog ich, von einer Druckwelle erfaßt, direkt vor die Tür des Bunkers… Als ich nach dem Angriff den Elbbunker verließ, brannten ringsum alle Häuser, oben, auf der Höhe des Johannisbergs, brannte auch lichterloh die Johanniskirche…

Georg Günther, Otto-von-Guericke-Straße

Am 16. Januar 1945 gegen 21 Uhr heulten die Sirenen, Weihnachtsbäume waren unzählige am Himmel zu sehen, das elektrische Licht ging aus, bevor wir im Luftschutzkeller unseres Wohnhauses in der Otto-von-Guericke-Straße 24 ankamen…, es fielen auch gleich die Bomben… Etwa 45 Minuten verlebten wir im dunklen Keller in Angst und Schrecken. Die Erde bebte. Dichter Staub erschwerte das Atmen. Als das Bombardement nachließ, versuchten wir, aus dem Keller zu kommen. Es war ein Sturm durch das Feuer entfacht worden, so daß wir die Haustür nur mit größter Mühe öffnen konnten. In der Otto-von-Guericke-Straße schlugen die Flammen von den brennenden Häusern rechts und links der Straße in der Mitte zusammen. Ein ankommendes Feuerwehrfahrzeug konnte nicht mehr helfen, es brannte selbst aus. Mittels nasser Tücher und abgerissener Gardinen, welche wir uns als Schutz vor das Gesicht hielten, kamen wir bis zum Stadttheater-Bunker. In den völlig überfüllten und sauerstoffarmen engen Räumen überlebten wir die Nacht…



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