Im Unternehmen „Eiche“ gelang es deutschen Elite-Truppen im Verlauf des Falles Achse am 12. September 1943, den entführten italienischen Führer Benito Mussolini aus seiner Haft auf dem Gran Sasso in den Abruzzen zu befreien.

Mors, Skorzeny (als Fliegerhauptmann getarnt), Mussolini und Schwerdt (v. l. n. r.) glücklich über die Befreiung am 12. September 1943; sogar die italienischen Bewacher scheinen entspannt, erleichtert und teilweise glücklich zu sein. Rechts neben Mussolini: sein Leibwächter Otto Schwerdt. Rechtsaußen mit Helm: Karl Radl
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Auftrag und Ausführung
Dem Polizeiattaché an der deutschen Botschaft in Rom Herbert Kappler, der über ein Netz von Agenten und Informanten verfügte, gelang es, nach langen Ermittlungen, herauszufinden, wo die monarchistischen Italiener durch die Männer des Generalinspekteurs der Carabinieri Giuseppe Gueli[3] Mussolini festhielten. Er befand sich, auch nach Aussage von General Soleti, auf dem Gebirgsmassiv Gran Sasso d’Italia auf dem „Campo Imperatore“, im heutigen Hotel Campo Imperatore. Erst diese Information machte das abenteuerliche Unternehmen möglich.
Die gesamte Aktion stand unter dem Oberbefehl von Generalleutnant Kurt Student. Kommandeur und Planungsmeister des Unternehmens war der Führer des Fallschirmjäger-Lehr-Bataillons (Veteran des Unternehmens „Merkur“ und späterer Oberst der Bundeswehr) Major im Generalstabsdienst (i. G.) Otto-Harald Mors, wobei 72 Fallschirmjäger der ersten Kompanie des Fallschirmjäger-Lehr-Bataillons unter dem Kommando von Oberleutnant Georg Freiherr von Berlepsch eingesetzt wurden und zusätzlich ein Spezialtrupp[4] der Waffen-SS, die von Otto Skorzeny befehligt wurden. Abgesetzt wurden die Männer durch Lastensegler vom Typ DFS 230 C-1 – darunter Carabinieri-General Ferdinando (Fernando) Soleti (seine Anwesenheit ließ nach Berichten die italienische Wachmannschaft, bestehend aus 300 bis 400 paramilitärische Carabinieri, kampflos erstarren) und Bildberichter Toni Schneiders, der während und nach dem Zweiten Weltkrieg als ein international renommierter Fotograf bekannt wurde.
„Als wir Gerlach, Mussolini und Skorzeny im Innern der kleinen Maschine zusammengepfercht sehen, ergreift uns alle Angst. Das Flugzeug gleitet den Abhang der ‚Startbahn‘ hinunter, von wo man die großen Steine weggeschafft hat. Aber durch das zweite Drittel des Weges führt eine Wasserabflußrinne. Gerlach versucht, sie zu umgehen. Er will das Flugzeug in die Höhe ziehen und dann abheben. Der Storch überspringt tatsächlich das Hindernis, kippt aber plötzlich nach links und scheint sich fast zu überschlagen. Dann kommt ein anderer Aufschlag … noch die letzten Meter, und er verschwindet im Abgrund. Die Beine werden mir weich; ich habe das Gefühl, sie sind mir abgeschlagen worden. Plötzlich sitze ich auf einem der [zurückgelassenen] Koffer des Duce. Zum Glück hat es keiner gesehen. Das ist die Reaktion auf die ungeheure Aktivität und die Spannung der letzten Tage. Ich denke, daß nun alles umsonst war: der Duce wird sterben; ich werde mir eine Kugel in den Kopf schießen. Wir schauen alle auf das Flugzeug, das im Tal verschwindet. Totenstille. Nichts mehr zu sehen. Aber der Motor ist noch zu hören. Auf einmal erscheint auf der anderen Seite des Abgrunds der ‚Storch‘ und fliegt … fliegt in Richtung Rom!“ — Karl Radl
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Die Rolle Skorzenys
Skorzeny wurde zur Luftwaffe kommandiert und dem General Student unterstellt. Dem SS-Sonderverband waren auf dem Gran Sasso neben polizeiliche Aufgaben (Verhaftung der italienischen Bewacher, sofern diese gefangengenommen werden) der physische Schutz des Duce zugedacht. Der SS-Untersturmführer Otto Schwerdt war Mussolini als persönlicher Leibwächter zugeteilt und ist auf fast allen bekannten Fotos im direkten Umfeld des Duce zu erkennen.
Da die Angehörigen des SS-Sonderverbandes „Friedenthal“ unter „Volltarnung“ (Luftwaffe-Uniformierung, LW-Stahlhelme, LW-Soldbücher u. Erkennungsmarken) an diesem Unternehmen teilnahmen, konnten diese nicht als SS und SD-Angehörige identifiziert werden. Allerdings war den Offizieren der Fallschirmjäger die Teilnahme von SS/SD-Angehörigen aber durchaus bekannt, da es während den Vorbereitungen zum Unternehmen schon zu Reibereien und Kompetenzgerangel zwischen Skorzeny (SS) und Major Mors (LW) kam.
„Major Mors hält eine Ansprache. Ich sitze mit einigen anderen Offiziern der Kompanie von Berlepsch zusammen. Da sagt einer: ‚Haben Sie schon gehört, Herr Oberleutnant, in der Sondermeldung ist von Männern der Waffen SS und des SD die Rede. So ein Unsinn. Ich habe keinen gesehen. Ich auch nicht, erwiderte ich belustigt, wirklich, hat man das gesagt? Ja, da will sich wahrscheinlich wieder Himmler damit brüsten, glauben Sie nicht auch? Das ist schon möglich, die SS will auch überall dabei sein! Ja so ist es, die brauchen wieder einmal Erfolge: Sehen sie, so geht es in der Welt zu.‘ Meine SS-Kameraden treten mich unter dem Tisch. Und platzen fast vor Vergnügen. Sieht uns ja auch keiner an, das wir von der SS sind. Seit dem wir nach Italien kamen, sind wir Fallschirmjäger und bleiben es, bis wir wieder zurückfahren nach Deutschland.“
Karl Radl in seinem Buch Die Blitzbefreiung Mussolinis: Mit Skorzeny am Gran Sasso im Pour le Mérite Verlag.
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Die Männer Skorzenys
- Lastensegler Nr. 3:
- Hauptsturmführer Otto Skorzeny (Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes)
- Carabinieri-General Soleti
- Untersturmführer Otto Schwerdt (Deutsches Kreuz in Gold)
- Untersturmführer Robert Warger (u. a. Dolmetscher für Italienisch)
- Unterscharführer Robert Neitzel (Deutsches Kreuz in Gold)
- 4 weitere Soldaten des SS-Sonderverbands z. b. V. „Friedenthal“
- Lastensegler Nr. 4:
- Obersturmführer Karl Radl (Adjutant von Skorzeny)
- Untersturmführer Ulrich Menzel
- Untersturmführer Andreas Friedrich
- Rottenführer Hans Holzer (Deutsches Kreuz in Gold)
- 4 ggf. 5 weitere Soldaten des SS-Sonderverbands z. b. V. „Friedenthal“
Piloten der 10 Lastensegler
- Lt. (Kr. O.) Elimar Meyer-Wehner (RK)
- Ofw. Neelmeyer (DKiG)
- Ofw. Beerenbold
- Fw. Lohrmann (DKiG)
- Uffz. Maier
- Uffz. Jenniches
- Uffz Thielmann (DKiG)
- Uffz. Ronsdorf
- Uffz. Gedenk
- Uffz. Stark
Auswirkungen
Im Verlauf dieser Befreiungsaktion wurden Mussolinis tagebuchartigen Notizen, die er während seiner Inhaftierung auf den Inseln Ponza und La Maddalena geschrieben hatte, gesichert, anschließend handschriftlich kopiert und ihm auf sein Bitten in Gargnano zurückgegeben. Diese Aufzeichnungen erhielten später den Titel Pontinische und sardische Gedanken; sie spiegelten vor allem Mussolinis depressive Stimmung wider und erwiesen sich für die Deutschen ansonsten als belanglos.
Um die kriegswichtigen Industriegebiete Norditaliens nicht zu verlieren, setzte Hitler den befreiten Mussolini am 23. September 1943 als Staatschef der neu gegründeten „Italienischen Sozialrepublik“ ein. Kommandeur des SS-Sonderverbands z. b. V. „Friedenthal“ Skorzeny wurde für die Befreiungsaktion zum SS-Sturmbannführer d. R. befördert und bekam das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.
Die hohe Auszeichnung des Ritterkreuzes erhielten ebenfalls Fieseler Storch Pilot Hauptmann Heinrich Gerlach (Students persönlicher Flugzeugführer) vom XI. Flieger-Korps und Leutnant (Kr. O.; Kriegsoffizier) Elimar Meyer-Wehner vom Luftlandegeschwader 1 (LL-Geschw 1). Major Mors, Flieger-Hauptmann i. G. Gerhard Langguthund (späterer Brigadegeneral der Bundeswehr), Oberleutnant Oberleutnant Freiherr von Berlepsch, Staffelkapitän Oberleutnant Johannes Heidenreich und drei weitere Lastenfliegerpiloten (Ofw Hans Neelmeyer, Fw Heiner Lohrmann und Uffz Gustav Thielmann) erhielten das Deutsche Kreuz in Gold. Die Verleihungszeremonie der verdienten Landser nahm Kurt Student am 26. September 1943 am Nemi-See vor allen beteiligten Fallschirmjägern und Piloten vor.
Kurt Student erhielt einen Tag nach der Verleihungszeremonie das 305. Eichenlaub zum Ritterkreuz. Zahlreiche Fallschirmjäger und Mitglieder des SS-Sonderverbandes erhielten für ihre Teilnahme an dem Unternehmen das EK II und I, sowie das Verwundetenabzeichen.
Liste der Ausgezeichneten (Auszug)
Ritterkreuz (4)
- Student, Kurt, 27. September 1943 (305. EL), General der Fallschirmtruppe, K.G. XI. Flieger-Korps [LL-Korps]
- Skorzeny, Otto, 13. September 1943, SS-Hauptsturmführer d.R., Kdr SS-Sonderverband z.b.V. Friedenthal
- Gerlach, Heinrich, 19. September 1943, Hauptmann, Flugzeugführer beim K.G. XI. Flieger-Korps [pilot Fieseler Storch (Fi 156)]
- Meyer-Wehner, Elimar, 17. September 1943, Leutnant (Kr.O.) Pilot eines Lastenseglers i. d. III./LL-Geschw 1
Deutsches Kreuz in Gold (9)
- Freiherr von Berlepsch, Georg, 1. November 1943, Oberleutnant, Chef 1./Fsch.Jäg.Rgt 7 [1./Fsch.Jäg-Lehr.Btl]
- Mors, Otto-Harald, 1. November 1943, Major i.G., Kdr I./Fsch.Jäg.Rgt 7 [Fsch.Jäg-Lehr.Btl]
- Langguth, Gerhard, 1. November 1943, Hauptmann, Ic XI. Flieger-Korps [Verbandsführer/flight leader]
- Heidenreich, Johannes, 26. September 1943, Oberleutnant, Staffelkapitän 12.[III.]/LL-Geschw 1
- Neelmeyer, Hans, 26. September 1943, Oberfeldwebel, Pilot eines Lastenseglers i. d. 12.[III.]/LL-Geschw 1
- Lohrmann, Heiner, 26. September 1943, Feldwebel, Pilot eines Lastenseglers i. d. 12.[III.]/LL-Geschw 1
- Thielmann, Gustav, 26. September 1943, Unteroffizier, Pilot eines Lastenseglers i. d. 12.[III.]/LL-Geschw 1
- Neitzel, Robert, 15. September 1943, SS-Unterscharführer, SS-Sonderverband z.b.V. Friedenthal
- Holzer, Hans, 15. September 1943, SS- Rottenführer , SS-Sonderverband z.b.V. Friedenthal

Entspannte Fallschirmjäger in Tropenuniform nach dem erfolgreichen und verlustfreien Unternehmen Eiche. Insgesamt landeten 96 Mann gegen 300 italienische Bewacher.
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Major Mors (links) schüttelt Oberleutnant von Berlepsch, Führer der 1. Kompanie, glücklich und zufrieden die Hand.
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Ritterkreuzträger (19. September 1943), Pilot und fliegerischer Held des Unternehmens Eiche: Hauptmann Heinrich Gerlach mit seiner Gattin nach der RK-Verleihungszeremonie.
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